Neueste | Meistgesehene
Neueste | Meistgelesene




Vassilis Vassilikos: Das letzte Adieu

  564 Wörter 2 Minuten 1.138 × gelesen
2017-05-01 2017-05-01 01.05.2017

Den Fotos zufolge muss es am 1. April 2009 auf der vom Institut français d’Athènes organisierten Soirée sehr launig zugegangen sein. Versammelt hatte sich ein großes Publikum, darunter viel Prominenz: Staatspräsident Karolos Papoulias, Altpräsident Christos Sartzetakis, Irene Pappas, Maria Farantouri, Mikis Theodorakis, Costa Gavras, Vassilis Vassilikos. Der Film „Z“ hatte 40jähriges Jubiläum. „Z comme Zero“ hatte vormals Yves Montand, Hauptdarsteller neben Jean-Louis Trintignant, über diesen Filmtitel gelästert. Und doch war ein Welterfolg entstanden, in Cannes und mit Oscars preisgekrönt. Was ursprünglich nach der gleichnamigen Romanvorlage von Vassilis Vassilikos über den Mord am Parlamentsabgeordneten Grigoris Lambrakis (am 22. Mai 1963 in Saloniki) unter der Bedrängnis durch die „Choleraepidemie“ der Jahre 1967 bis 1974 als Politthriller gegolten hat, wird inzwischen als zeitloses Gleichnis dafür wahrgenommen, dass Demokratie weltweit eine äußerst fragile Veranstaltung darstellt.

Der Roman Z war 1968 auf Deutsch in der Übersetzung von Vangelis Tsakiridis erschienen, zwei Jahre nach der Originalausgabe des Athener Verlags Themelio. Wurde bis dahin die zeitgenössische griechische Prosaliteratur hierzulande weitgehend für provinziell und traditionsgebunden gehalten, rückte der damals 35jährige Vassilis Vassilikos nun schlagartig als ein Autor europäischen Formats ins Blickfeld. Seiner bereits davor ins Deutsche übersetzten „Griechischen Trilogie“ folgten der Roman „Die Fotografien“, einzelne Erzählungen in Anthologien sowie in kurzen Abständen weitere Ausgaben des Romans „Z“. Mag sein, dass dieses eine Buch unseren Zugang zu weiteren Werken (ins Englische sind bereits übersetzt „The Coroner`s Assistant“, „K, die Kurzgeschichten „And Dreams are Dreams, die fiktionalisierte Autobiographie „The few things I know about Glafkos Thrassakis“) verstellt hat. Das ist zu bedauern, wie die jetzt, einunddreißig Jahre nach der Originalausgabe erschienene Übersetzung von „Das letzte Adieu“ erweist. Von der Fragilität des Seins handeln auch diese miteinander verflochtenen Kurzgeschichten. Anders als in seinem berühmten Roman spürt Vassilikos hier allerdings den Zerbrechlichkeiten nicht der Außen-, sondern der Innenwelt nach. Worum geht es in der titelgebenden Geschichte? Beschrieben wird, dass zwischen Ihr und Ihm eine tiefe Vertrautheit herrschte, in der das Schweigen eine Art des Redens und den beiden ein „Sprechen mittels der Gefühle“ zu eigen war. Und dennoch quälte ihn nun, nachdem sie zu ihm gekommen war und lediglich gesagt hatte Lass mich auf deinen Beinen ruhen“, nicht dessen gewahr geworden zu sein, dass ebendieses Lass mich auf deinen Beinen ruhen“ ihr letztes Adieu gewesen sein soll. Wie lässt sich dann im Nachhinein mit dem zu nichts führenden, ausweglosen In-sich-hinein-Kriechen fertig werden? Für den, über den berichtet wird, wird es der Impuls zum Schreiben. Wie er sich eingesteht, läuft das freilich ebenfalls auf vergebliche Mühe hinaus, denn: „Der heutige Grieche hält es nämlich für eine große Schande, ein Buch in seine Hände zu nehmen und zu lesen. Er schämt sich dafür. Er hat Angst, für einen Schwärmer oder einen Trottel gehalten zu werden. Womit kann ich in diesem Land leben? fragte er sich. Eine derartige Veröffentlichung beschert dem Autor in jedem anderen Land ein behagliches Leben. Und hier…?“,lautet sein deprimierendes Fazit (in Ihre wahre Geschichte). Vassilis Vassilikos hat über lange Jahre im griechischen Fernsehen eine Büchersendung realisiert. Sein „Das letzte Adieu“ ist ein Buch, das für sich selber spricht.

Vassilis Vassilikos
Das letzte Adieu
Kettenerzählung
Aus dem Griechischen von Kyro Ponte
Edition Buntehunde, Regensburg 2010
111 S. 
ISBN 978-3-934941-58-8

Es wurden keine Bilder für das Keyword Vassilis Vassilikos gefunden.